CLARA HABERKAMP

Komponistin, Pianistin und Sängerin

Als Clara Haberkamp im Herbst 2013 ihr Debüt-Album in Trio-Besetzung veröffentlichte („Nicht rot, nicht weiß, nicht blau“), war sich das Musik-Feuilleton einig: ein neuer Stern am Jazzhimmel ist aufgegangen. Manche Rezensionen klangen so euphorisch, dass man sich die bange Frage stellen musste, ob die junge Pianistin mit solchen Elogen würde umgehen können. Sie kann.

„Clara Haberkamp hat etwas, das nur bei ganz wenigen Musikern – zumal im Jazz – funktioniert, das bei ihr aber ein fast schon erschütterndes Wechselspiel von Kompression und Ausdehnung auslöst. Aus der unentwegten Verkettung kreativer Impulse ergibt sich wie von selbst eine Meisterschaft der stringenten Unlogik.
Ihre Kompositionen lehnten sich weit aus dem Jazz-Kanon heraus, knüpften an der großen europäischen Klaviertradition an und ließen dennoch eine tiefe Verehrung für Jazz-Pianisten wie zum Beispiel Bud Powell erkennen. Doch Clara Haberkamp ist weder Epigonin, noch kennt sie Vasallentreue. Sie ehrt ihre Vorbilder, indem sie sich von ihnen löst und beschreitet mit liebenswerter Sturheit ihren eigenen Weg. ...
Wenn man Clara Haberkamp eines bescheinigen kann, dann Unerschrockenheit. Ihre Stücke offenbaren gleichermaßen Wucht und Verwundbarkeit. Sie lösen im selben Moment Nähe und Distanz aus, doch kann man sich auf keinen der beiden Zustände verlassen, denn sie durchdringen einander schneller, als wir uns darauf separat einlassen könnten. Gemeinsam mit ihrem Langzeit-Schlagzeuger Tilo Weber, einem Stoiker auf den Trommeln mit dem gewissen Paul Motian-Gen, und dem norwegischen Bassisten Dan Peter Sundland, dem Neuzugang ihres Trios, durchpflügt sie Welten, die zutiefst aufwühlend sind. Sie ergreifen eher, als umarmen zu wollen, und lassen nicht mehr los. Dieser faszinierenden Dramatik kann man sich beim besten Willen nur schwer entziehen. Aber warum auch?
Entlastung von der Intensität der instrumentalen Monolithen gewährt das Trio dem Ohr in den gesungenen Songs. Hier offenbart sich eine ganz andere künstlerische Persönlichkeit als in den Klavierstücken. Das Klavier ist im Kopf zentriert, die Stimme gleitet ihr durch die Finger. Anstelle des emotionalen Überschwangs tritt plötzlich eine mondäne, unterkühlte Zartheit, ängstlich, schön, und doch zuweilen bedrohlich wie die Schneekönigin. Erinnert das Klavier manchmal an Felsen, so wirkt die Stimme wie ein kühler Hauch, der sich jedoch nicht am Stein bricht, sondern ihn umhüllt. So krass sich diese beiden Wesenheiten auch zunächst widersprechen mögen, so sehr machen sie doch die Gesamtheit der künstlerischen Aussage dieses Labyrinths der Intentionen aus.“

Wolf Kampmann

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