Diese Frau traut sich was! 2010 entschied sich die Sängerin Nina
Rotner, ihrer Heimat Slowenien den Rücken zu kehren, um für ein
Jazz-Studium nach Berlin zu kommen. Ihre seitdem gesammelten
Erfahrungen und Erlebnisse hat sie auf ihrem Debut-Album „In
This Time“ verarbeitet. Ein musikalisches Tagebuch mit sehr
persönlichen, emotionalen Texten und einer großen musikalischen
Bandbreite, das zu den interessantesten und aufregendsten
Neuerscheinungen der Berliner Jazz-Szene zählen dürfte.
Nina Rotner ist ein wahres Multitalent: Schauspielerin, preisgekrönte
Sängerin, Theologin. In ihrer Heimat ist sie dank zahlreicher
Auftritte in Theater- und Fernsehproduktionen bekannt wie ein bunter
Hund. Doch ihre wahre Liebe galt schon immer der Musik, stellt die
33-jährige Slowenin klar. Der Umzug an die Spree war für sie ein
großes Abenteuer. Bis dahin hatte sie keinerlei Bezug zu Deutschland.
Doch das änderte sich schnell. „Als ich vom Flughafen Schönefeld in
die Bahn nach Charlottenburg stieg und die Landschaft an mir
vorbeiziehen sah, war mir schnell klar: hier fühlst du dich wohl, hier
ist deine neue Heimat.“
Fünf Jahre später hat sich Rotner nicht nur intensiv mit der
deutschen Kultur und Sprache beschäftigt, sondern auch zahlreiche
Kontakte in die Berliner Jazz-Szene geknüpft. Diese erwiesen sich bei
der Produktion von „In This Time“ als außerordentlich wertvoll. „In
den Jam-Sessions habe ich genau das gefunden, was ich in Slowenien nie
bekommen habe: Musiker, mit denen ich frei improvisieren kann“,
schwärmt Rotner von der kreativen Vielfalt, aus der sie Inspiration
für ihre Arbeit schöpft.
Musikalisch präsentiert sie auf ihrem Debut-Album einen eingängigen,
spannenden Mix aus Modern Vocal Jazz und Weltmusik, in dem sie ihre
„balkanische Seele“ immer wieder zum Vorschein kommen lässt. Im Opener
„Der Hubschrauber“ etwa, eine Ode an ihre Heimat, die im Mixed
Meter enorm swingt, während Rotner in ihrer Muttersprache über die
Zubereitung eines slowenischen Kuchens singt.
Meist geht es auf „In This Time“ aber um große Gefühle und Emotionen.
„Global gesehen, waren das keine guten Jahre“, bilanziert Rotner, die
Zeit seit ihrer Ankunft in Deutschland. „Der Ukraine-Konflikt,
der Krieg in Syrien und die daraus resultierende Flüchtlingswelle, der
Exodus der geistigen Elite aus Slowenien – alles Ereignisse, die mit
Macht über mich hereinbrachen und neben mir bestimmt auch vielen
anderen Menschen ein Gefühl der Hilf- und Ratlosigkeit
bescheren.“
Hinzu kamen persönliche Schicksalsschläge, die sie im Stück „Small“
verarbeitet. „2012 habe ich gleich drei männliche Bezugspersonen
verloren: meinen Vater, meinen Großvater und meinen damaligen
Lebensgefährten“, erläutert Rotner. Von Resignation findet sich bei
ihr trotzdem keine Spur. „Auch wenn wir uns manchmal klein und
unbedeutend fühlen, tragen wir doch weiter dieses funkelnde Licht in
uns und hoffen, dass am Ende alles gut wird.“ So wie in „Hokkaido“, in
der uns Rotner ihre Liebesgeschichte erzählt, die in einem Riesenrad
auf einem Berliner Weihnachtsmarkt ihren Anfang nahm. Die wunderschöne
Melodie von „La Luna“ wiederum stammt aus der Feder des US-Bassisten
und Komponisten Chris Dahlgren, der sie Rotner auf den Leib schrieb,
nachdem er sie singen hörte. Wer hinter der verführerischen Kraft
steckt, die hier einfühlsam besungen wird - der Himmelskörper oder
eine konkrete Person - mögen die Hörenden für sich selbst entscheiden.
Im Frühjahr 2016 zieht es Nina Rotner zusammen mit ihrer Begleitband
hinaus auf die deutschen Konzertbühnen. Neben ihr erwartet auch
Saxofonist Philipp Gerschlauer Momente voller Magie. „Nina ist eine
Art Gesamtkunstwerk“, bringt er die Qualitäten des slowenischen
Multi-Talents auf den Punk und ergänzt: „Sie verbindet ihre
slowenische Herkunft mit modernem Jazz und Weltmusik zu einem
erfrischend ehrlichen Gesamtkonzept. Sie besitzt die im Jazz seltene
Fähigkeit auf der Bühne mit Text zu improvisieren und ihren Stücken so
immer neue Bedeutungsebenen zu verleihen. Und zu alledem weiß sie Ihre
Zuschauer durch eine überragende Bühnenpräsenz in ihren Bann zu
ziehen. So hat Vocal Jazz eine Bedeutung - was will man mehr?“
Format: CD
Streaming und Download auf allen Portalen
Besetzung:
Nina Rotner voice, vocals
Dima Bondarev trumpet
Sebastian Hamacher piano
Reza Askari bass
Tobias Backhaus drums
Chris Dahlgren guitar
Philipp Gerschlauer alto saxophone
Titelfolge:
1 Der Hubschrauber 4:31
2 Small 4:05
3 La Luna 5:29
4 Hokkaido 5:17
5 Equinox 5:12
6 In This Time 5:17
7 If I could 4:56
8 Strgan čevelj 4:18
9 Youneedology 4:22
10 Oj Gora Ta Kaninova 4:50