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Thärichens Tentett- No Half Measures
3510377.2 / 40 117 86 15 3776 VÖ-Datum: 01.11.2019 / Rough Trade (D,A,CH)
Thärichens Tentett
No Half Measures
Laika-Records / Label Code 07577/ Jazz, 13 Titel, 72:01 Minuten / Digipac mit Booklet
Besetzung:
Michael Schiefel vocals
Sven Klammer trumpet, flugelhorn
Jan von Klewitz alto saxophone, clarinet
Andreas Spannagel flute, tenor saxophone
Nikolaus Leistle baritone saxophone, clarinet
Simon Harrer trombone
Kai Brückner guitar
Johannes Gunkel double bass
Andreas Henze double bass
Kai Schönburg drums
Nicolai Thärichen piano, e-pianoTrackliste:
1. Ich hab Dir heut ein Grab gekauft 7:14
2. No Half Measures 6:43
3. Love So Strange 5:56
4. Tilda eats Chickpeas 4:06
5. Mama (still Christa) 7:06
6. Riders On The Storm 5:57
7. Max 5:20
8. Where She Waits 2:36
9. Paperback Writer 5:27
10. Choral 5:06
11. Moon River 5:34
12. Giant Leap For Mankind 5:42
13. Dream of Now 4:13
Produced by Nicolai Thärichen Recorded, mixed and mastered by Volker Greve at GREVE-Studio Berlin 2018/19 Published by Laika Records & Publishing, Cover art by Gero Desczyk
„No Half Measures“ – „Keine halben Sachen”. Nach diesem Motto lebt und arbeitet Nicolai Thärichen seit 20 Jahren. 1999 ereilte den Berliner Komponisten und Pianisten eine unerfreuliche Nachricht. Damals hatte er im Auftrag eines brasilianischen Sängers Arrangements geschrieben. Doch kurz bevor sie im Studio eingespielt werden konnten, sprang der Auftraggeber ab. Und nicht nur das: er warf seinen Arrangeur zudem noch kurzerhand aus der Band. Ein Schockmoment, aus dem Thärichen positive Energie schöpfte. „Er bestärkte mich, musikalisch auf eigenen Beinen zu stehen und von niemandem mehr abhängig sein zu wollen. Von diesem Moment an war es mein Ziel, meine eigenen Arrangements mit meinen Wunschmusikern einzuspielen. Zugleich war es die Geburtsstunde meines Tentetts“, erinnert sich Thärichen.
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„No Half Measures“ ist sein sechstes Studioalbum mit seiner kleinen Bigband. Konzeptionell unterscheidet es sich deutlich von den Vorgängern. „Die Idee dahinter ist partizipatorisch. Alle Musiker waren aufgefordert, eigene Ideen einzubringen. Auf diese Weise wollte ich den Kollegen Wertschätzung entgegenbringen und ihnen dafür danken, dass sie mir so lange die Treue gehalten haben. Mit Stücken, die ich ihnen auf den Leib schreibe“, erläutert Thärichen das Konzept des neuen Albums. Es dauerte nicht lange, bis die ersten Beiträge der Kollegen eintrudelten. Von Gedichten zum Vertonen, über Originalkompositionen bis zu Lieblings-Songs von anderen Künstlern, die im Tentett neu interpretiert werden sollten. Am Ende stand ein ebenso abwechslungsreiches wie persönliches Programm, das tief in die Vorlieben und Talente der beteiligten Musiker blicken lässt. „Die große Resonanz hat mich sehr gefreut, weil die Stücke die Persönlichkeiten der Bandmitglieder unterstreichen und das alles hervorragend zur Idee eines Jubiläums-Albums passt“, so der Bandleader. Schon der Opener „Ich hab dir heut ein Grab gekauft“, zu dem die Band auch ein Video produziert hat (zu finden u.a. auf Youtube) ist ein ganz besonderes Juwel mit Anspruch auf den inoffiziellen Titel „Liebeslied des Jahres“. Musikalisch swingend und heiter angelegt, lebt Saxofonist Nik Leistle hier seine Vorliebe für rabenschwarzen Humor gnadenlos aus. In Kombination mit der beschwingten Melodie wird schnell deutlich, dass es hier keineswegs um suizidale oder mörderische Absichten geht. Im Gegenteil. „Da hat jemand seinen Plan für die Ewigkeit gefunden. Er weiß, wie er dort glücklich sein wird und das kann ihm seine Angebetete nun wirklich nicht abschlagen – auch wenn sie in diesem Leben nichts mit ihm zu tun haben will. Deswegen läuft er fröhlich durch unsere Straßen und es fällt ihm überhaupt nicht schwer, die Jahre, die ihm hier bei uns noch bleiben, einfach abzusitzen und zu warten“, erklärt Nik Leistle den feinst ausgetüftelten Plan seines fiktiven Protagonisten. Eine Textvorlage, die auch den Arrangeur sofort begeisterte „Nik hatte mir einen ganzen Stapel mit Texten zur Vertonung geschickt. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass sich hinter meinem Saxofonisten auch ein Dichter verbirgt“, so Thärichen schmunzelnd. Leistle und seine acht Kollegen wiederum wissen, was sie an ihrem Bandleader haben. „Die einzelnen Rollen in der Band sind niemals starr und fest verteilt, sondern es überrascht uns immer wieder von neuem, was er sich für diesen Klangkörper einfallen lässt. Und vor allem: ganz egal, wie kompliziert seine Sachen zunächst aussehen mögen – es klingt nie verkopft. Jedes Voicing von Niki hat Soul“, so Leistle. Davon können sich die Hörenden beispielsweise in der Tentett-Version des Doors-Klassikers „Riders on the Storm“ überzeugen. Hier zieht Thärichen alle Register der Arrangierkunst. Eine beeindruckend röhrende Bassposaune unterstreicht das Grummeln des heraufziehenden Gewitters und verleiht dem Arrangement einen besonderen Gruselfaktor, der dem Original – zumindest in dieser Intensität - abgeht. Mit dem Sänger Michael Schiefel hat das Ensemble noch einen weiteren Trumpf im Ärmel. „Schiefel ist ein Ausnahmevokalist, seine ungeheuer wandlungsfähige Stimme schraubt sich vom Bauchnabel bis zum Kopf empor. Sein Gesang ist ironisch, lakonisch und klingt wunderbar androgyn“, zeigte sich der Tagesspiegel schon 2006 von seinen künstlerischen Fähigkeiten beeindruckt. Auf „No Half Measures“ zeigt er nun, dass er auch ein feines Gespür für stimmungsvolles Songwriting hat. „Max“ ist ein filigraner Jazz-Waltz, den er seinem Ehemann gewidmet hat. „Wir sind beide viel in der Welt unterwegs. Dieses Gefühl des Getrennt- und-in-Gedanken-doch-Zusammenseins greift der Songtext auf. Während der Eine gerade den Sonnenaufgang erlebt, bricht in einem anderen Teil der Erde schon wieder die Dämmerung an“, erläutert der Sänger. Mit „No Half Measures“ beweist Nicolai Thärichen einmal mehr, dass er nicht ohne Grund schon als der „Robert Schumann des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet wurde. Seine Arrangements leben von der Vielfalt und der Kombination der unterschiedlich eingesetzten Instrumente – und von seiner Liebe zum musikalischen Detail. Wenn schon, denn schon. Keine halben Sachen eben.
Format: CD, Preis pro CD: 17.- Euro + 3.- Euro Versandkosten in Deutschland, 5.- Euro ins Ausland inklusive der derzeit in Deutschland gültigen Mehrwertsteuer.
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Thaerichen's Hendrixperience Orchestra
3510333.2 / 40 117 86 15 3335 VÖ-Datum: 09.09.2016 / Rough Trade (D,A,CH)
Thärichen's Hendrixperience Orchestra
Laika-Records / Label Code 07577/ Jazz, 12 Titel, 60:01 Minuten / Digipak mit Booklet
Besetzung:
Nicolai Thärichen - piano, arrangements
Lea W. Frey - vocals
Claudio Puntin - bass clarinet, clarinet
Tilmann Dehnhard - bass clarinet, alto flute
Viktor Wolf - bass clarinet, clarinet, baritone sax
Stephan Braun - cello
Franz Bauer - vibraphone, marimbaphone
Oliver Potratz - bass
Tobias Backhaus - drums
Titelfolge:
In From the Storm 5:20 Little Wing 6:36
Castles Made of Sand 6:31
May This Be Love 5:42
Purple Haze 5:27
Bass-Intro of The Wind Cries Mary 2:37
The Wind Cries Mary 5:34
If Six Was Nine 4:05
Angel 4:56
Lord of the Wings 6:19
Crystals of Snow 4:05
Belly Button Window 3:47
Produced by Peter Cronemeyer for Laika, executive produced by Nicolai Thärichen Recorded, mixed and mastered by Volker Greve at GREVE-Studio Berlin 2014/15 Published by Experience Hendrix LLC, USA Track # 10, 11 published by Laika Records & Publishing Cover art by LaikaArt, photo © imageDisc, photos © by Oliver Potratz and Lena Ganssmann Cataloque no. 3510333.2 kindly supported by Berliner Kulturverwaltung
Was ist ein Album mit Songs von Jimi Hendrix, das komplett auf E-Gitarren verzichtet? Eine völlig absurde, in jeder Hinsicht zum Scheitern verurteilte Idee? Oder das Mittel der Wahl, um die Songs des wilden, klanggewaltigen Gitarristen aus Seattle angemessen zu würdigen? Für den Berliner Pianisten und Komponisten Nicolai Thärichen auf jeden Fall Letzteres. Mit seinem neunköpfigen „Hendrixperience Orchestra“ geht er der Musik von Jimi Hendrix auf den Grund und lässt dessen Stücke in einem völlig neuen Gewand erklingen. Eben ganz ohne verzerrte Gitarre, dafür mit Cello und drei Bassklarinetten. Die können es – wenn nötig – ebenfalls mächtig rocken und Powerakkorde regnen lassen. „Als Performer war Jimi Hendrix eine Naturgewalt, sein Sound pure Ekstase. Sein grandioses Gitarrenspiel lenkte allerdings von seinen Qualitäten als Texter und Komponist ab“, erklärt der Bandleader die Philosophie von „Thärichen’s Hendrixperience Orchestra“, das vor allem den Songwriter Jimi Hendrix feiert. Hymnen wie „Hey Joe“ (Urheber umstritten) oder „All Along the Watchtower“ (Bob Dylan) sucht man auf dem Album daher vergeblich. Stattdessen entschied sich Thärichen für die Interpretation „purer“ Hendrix-Kompositionen, darunter Evergreens wie „Purple Haze“ und „The Wind Cries Mary“, aber auch seltener gehörte Stücke wie die Ballade „Belly Button Window“. Hendrixperience Live at Jazzfest Leipzig © H. TeichmannEntstanden ist das Projekt 2012 – dem Jahr, in das zwei runde Geburtstage fielen: das 70. Wiegenfest von Jimi Hendrix, sowie der 100. Geburtstag des Arrangeurs und bekennenden Hendrix-Fans Gil Evans. Für die Leipziger Jazztage sollte Thärichen ein Programm entwerfen, das beide Jubiläen miteinander verbindet. Dafür setzte er sich zunächst intensiv mit Vita und Musik des Saiten-Virtuosen auseinander. „Mir war sofort klar, dass ich sein Werk nur dann angemessen würdigen kann, wenn ich mich möglichst weit von den Originalen entferne und ihren musikalischen Kern - in Bezug auf Jazz - freilege“. Gesagt, getan. Nachdem er hier die Taktart, dort Tempo und/oder Tonart verändert hatte, leuchteten die Songs bereits ganz anders als die Originale. Als kluger Schachzug erwies sich dabei die Entscheidung, die Arrangements in großer Besetzung einzuspielen - bestehend aus drei (Bass)Klarinetten, Cello, Kontrabass, Schlagzeug, Klavier, sowie Marimba- bzw. Vibraphon. Schnell wurde klar: in Bezug auf Klangvielfalt sind einem solchen Ensemble kaum Grenzen gesetzt. Es kann rockig angelegten Songs wie „Purple Haze“ und „In From the Storm“ musikalische Durchschlagskraft verleihen, Balladen wie „Little Wing“ filigrane Texturen und schillernde Farben. Einen weiteren Glücksgriff tat Thärichen mit der Sängerin Lea. W. Frey. Ihre enorm wandlungsfähige Stimme verleiht den Arrangements einen ganz eigenen, persönlichen Charakter. Doch was auf dem Album so einfach und selbstverständlich klingt, benötigte eine akribische Vorbereitung. „Hendrix reichen wenige Worte, um das, was er erlebt hat, sehr intensiv zu besingen. Diesen Texten musste und durfte ich mich hingeben, mich in ihnen verlieren. So ähnlich wie ein Schauspieler, der in seine Rolle eintaucht“, beschreibt die Berliner Sängerin den künstlerischen Prozess, den sie durchschritt. Dass sich Hendrix in einem Interview einmal als „verkannten Songwriter“ bezeichnete, kann Frey nach ihrem intensiven Textstudium gut verstehen. „Er baut starke Bilder und mystische Welten, bleibt dabei aber immer schlicht und dicht bei sich selbst. Wenn er singt, klingt es so, als ob er während des Gitarrespielens eine Geschichte erzählt, die er in diesem Moment erlebt. Das ist alles immer unglaublich stark, gleichzeitig unaufdringlich und lässig bei ihm“, so Frey. Als Paradebeispiel hierfür dient „The Wind Cries Mary“. Ein Stück, dem ein vergleichsweise banales Ereignis vorausging. Als sich Hendrix über die Qualität ihres Essens beschwerte, verließ seine Freundin fluchtartig das Apartment. „Aus einem derart nichtigen Anlass einen so poetischen, vielschichtigen Text zu entwickeln - das ist große Kunst“, findet Nicolai Thärichen, der in seiner Interpretation mit schillernden Harmoniefolgen eine zweite Ebene unter der Geschichte dieser verloren geglaubten Liebe schafft. Auch in „Castles Made of Sand“ verbindet er die textliche mit der musikalischen Ebene auf elegante Art, indem er neben den Holzbläsern weiteres „Holz“ erklingen lässt. Durch Kontrabass und Cello etwa, die am Corpus geschlagen werden und das virtuose Marimbaphon-Solo von Franz Bauer, das Assoziationen an Indianer spielende Kinder weckt, um die es in der zweiten Strophe des Stückes geht. Zwei Eigenkompositionen runden das kurzweilige Debut von „Thärichen’s Hendrixperience Orchestra“ geschmackvoll ab: das instrumentale „Lord of the Wings“, sowie das stimmungsvolle „Crystals of Snow“, das von den drei legendären Textzeilen inspiriert wurde, die die Gitarren-Ikone offensichtlich kurz vor seinem Tod auf einen Zettel in seinem Londoner Hotelzimmer gekritzelt hatte. Zwei Stücke, mit denen Nicolai Thärichen eindrucksvoll beweist, dass in Sachen Jimi Hendrix längst noch nicht alles erzählt ist – weder musikalisch noch textlich.
Pressestimmen:
"Die subtil reduzierten Balladen kommen am besten." Detlef Kinsler, Frankfurt Journal, 06 2016
"Hendrix leuchtet unter seinen Händen anders: filigraner, farbiger. Und dennoch rockt es. Auch ohne Gitarre." Reinhard Köchl, Jazz thing 115
"Und mit Lea W. Frey, die den Gesang auch lebt, ist eine vielseitige Vokalistin mit von der Partie, die sich wie ein musikalisches Chamäleon traumhaft sicher durch die allermeisten der zehn Hendrix-Stücke und der zwei Eigenwerke des Bandleaders bewegt. Das Nonett lässt es rocken („Purple haze"), zu Beginn sphärisch rauschen, dann jazzig aufleben und schließlich entrückt aushauchen („The wind cries Mary"), balladesk langsam schillernd ansteigen („Little wing") oder rein instrumental Sixtie-Movie-Flair aufleben sowie witzigschräg mit Bluespatterns angehen („Belly button window")."
Michael Schaust, Jazz Podium Sept. 2016NDR Info Play Jazz: Album der Woche (05.09.-08.09.16). Christan Erber stellt das Album vor (mp3).
Format: CD, Preis pro CD: 17.- Euro + 3.- Euro Versandkosten in Deutschland, 5.- Euro ins Ausland inklusive der derzeit in Deutschland gültigen Mehrwertsteuer.
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