Suden Aika

Finnische Vokalkunst

Finnland – Land der Seen, Rentiere und der starken Frauen! Letzteres beweist das Quartett „Suden Aika“(„Zeit der Wölfe“) seit mittlerweile 15 Jahren.  In dieser Zeit haben sich die vier finnischen Ausnahmesängerinnen und  -Instrumentalistinnen auch in Deutschland eine treue Fangemeinde aufgebaut. Auf ihrem sechsten Studioalbum  Sisaret“ („Schwestern“) singen Katariina Airas, Karoliina Kantelinen, Liisa Matveinen und Veera Voima aus dem Leben von Frauen und deren Erfahrungen - von der Jugend bis ins hohe Alter. Texte mit Aussagen, die auch heute noch zeitgemäß sind, obwohl sie aus bis zu 1000 Jahre alten, nordischen Gedichten und Sagen stammen. Aus diesen Gedichten formen die vier Frauen mit eigenen musikalischen Ideen kraftvolle Vokalstücke in der Tradition der Runengesänge. Diese präsentieren sie mal  A  capella, mal mit  traditionellen, nordischen Instrumenten wie der  Kantele (eine griffbrettlose Kastenzither), der  Moraharpa (Tastenfidel) oder verschiedenen Flöten und Percussion-Instrumenten.

Mit ihrem einzigartigen Klang und ihrer unverwechselbaren Tonalität  ziehen Suden Aika ihr Publikum geradezu magisch in den Bann. „Eine betörende, hoch ästhetische Darbietung“ (Kieler Nachrichten) oder „A capella par-excellence“ (Vogtland-Anzeiger)  - so oder ähnlich euphorisch fallen die Reaktionen von Presse und Publikum aus.  Wir sind kein Quartett im typischen Sinne“, erklärt Katariina Airas, die das Ensemble 2003 mitgegründet hat. „Die klassische Aufteilung in zwei Sopran- und zwei Altstimmen gibt es bei uns nicht. Wir singen alle sowohl die ganz hohen als auch die tiefen Töne und oft pendeln unsere Stücke  zwischen leisen und explosiven Passagen“, erklärt Airas die Besonderheit des Ensembles. Dass dessen Musik eine entspannende, bisweilen mystische Wirkung entfaltet, erklärt sie so: „Die Gedichte sind voller Segenswünsche und alter Zaubersprüche. Im Zentrum steht zumeist die Harmonie zwischen den Elementen der Natur und dem Menschen, was  durch die  typischen Harmonien der nordischen Folkmusik noch unterstrichen wird. Selbst wenn die Zuhörer die gesungenen Texte nicht verstehen, ahnen sie schnell, worum es geht. Denn letztlich ist es die Musik, die die Geschichten erzählt.

Auf „Sisaret“ sind es Geschichten aus der Perspektive verschiedener Frauen. „Lasst uns feiern, tanzen,  ungezwungen essen und trinken“ lautet sinngemäß die Aussage im gleichnamigen Titelstück, das ganz im Zeichen einer unbeschwerten Jugend steht und ebenso fröhlich und ausgelassen daherkommt wie der Opener „Tammikkinen“. Dort heißt es:  „Beginne einen wilden Tanz und warte, bis du einen Mann findest. Einen Jäger, so stark, dass du dir unter seiner Decke vorkommen wirst,  als wenn du in der Sauna bist.“ Ein Stück, das Elemente aus der  bulgarischen und der afrikanischen Gesangstradition enthält, während „Pakene, Paha“ auf einen alten Zauberspruch zurückgeht, den die  Setukesen – ein finno-ugrisches Volk im Südosten Estlands – verwendeten, um Krankheiten und böse Geister zu vertreiben. „Mit Vera haben wir eine große Expertin, die viel über Gesangstraditionen auf der ganzen Welt weiß. Diese greifen wir auf. Nicht, um sie zu imitieren, sondern um uns von ihnen inspirieren zu lassen“, unterstreicht Airas.

 In den Stücken von Suden Aika begegnen den Hörenden auch immer wieder mystische Gestalten wie die Göttin Muarie.  Sie ist der Legende nach eine kleine Frau, die im Himmel darauf wartet, dass Menschen, die sich verletzt haben, sie um Hilfe rufen“, erklärt Airas. Mit ihren Zaubersprüchen kann die Göttin Brandverletzungen („Tulen Lumo“) oder Schnittverletzungen heilen („Muarie“). Um ganz und gar irdische Belange geht es dagegen in „Päiväperho“. „Wie in vielen anderen Gedichten ist das mit der Interpretation oft schwierig, da wir häufig ganz unterschiedliche Ideen und Ansichten dazu haben. Aber für mich geht es in dieser Erzählung um eine Frau im mittleren Alter, deren Traum von Ehe und Kindern wie eine Seifenblase zerplatzt, als sie merkt, dass sie sich ihrer großen Liebe getäuscht hat und sich nun fragt, ob sie für den Rest ihres Lebens allein bleiben muss“, so Airas über diese melancholische, zauberhafte Ballade.